Der Kosmetikindustrie ist es in den vergangenen Jahrzehnten gelungen, die natürliche klassische Seife aus Fetten und Lauge fast vollständig durch synthetische und teils erdölbasierte Flüssigseifen und Duschgels zu ersetzen. Zur gleichen Zeit ist das Angebot an Hautpflegeprodukten wie Body-Lotions und Cremes rasant gewachsen und beschert der Kosmetikindustrie neben den lukrativeren Flüssigprodukten weitere Umsatzmilliarden. Dennoch klagen heute rund 40 Prozent der Menschen in Europa über Hautprobleme. Und das, obwohl sie genau das tun, was inzwischen selbst Dermatologen empfehlen: «pH-hautneutrale» und «seifenfreie» Produkte zu verwenden, da Seifen schließlich den «Säureschutzmantel zerstören».
Das Buch «Die Renaissance der Seife» blickt hinter die Kulissen dieses Narratives und zeigt, was es mit der sauren Hautoberfläche tatsächlich auf sich hat. Ebenso nimmt es die Behauptung unter die Lupe, feste Seifen seien «Keimschleudern» und Flüssigprodukte viel hygienischer. Gestützt auf wissenschaftliche Studien und Hunderte von Quellen erlaubt das Buch einen neuen, informierten und kritischen Blick auf das, was wir täglich an unsere Haut lassen.
Neben der Frage der Hautgesundheit dokumentiert der Band die jahrhundertealte Geschichte der Seife und ihre verschiedenen Herstellungstechniken. Dabei wird deutlich, wie sorglos die Industrie seit den Anfängen der Industrialisierung mit Fragen des Umweltschutzes, des Klimawandels, der Menschenrechte und des Artenschutzes umgegangen ist und teils bis heute umgeht.
Ein eigenes Kapitel ist all den engagierten Frauen gewidmet, die der festen Seife mit ihren inzwischen Hunderten kleinen Manufakturen eine echte Renaissance beschwert haben. In ihren Werkstätten entstehen heute kalt gerührte feste Seifen, die besser und pflegender sind als es jede Fabrikseife je war und je sein wird.
Ein praktischer Teil rundet diese erste kritische Warenkunde zum Thema Seife im deutschsprachigen Raum ab: Leserinnen und Leser erfahren, wie sie Seifen anhand der oft kryptischen Zutatenlisten selbst seriös beurteilen können, sowohl, was die Wirkung auf die Haut als auch die Art der Herstellung angeht.
Feste Seife galt lange als altbacken. Bis heute wird sie von interessierter Seite als hygienisch fragwürdig («Keimschleuder») und wenig hautfreundlich («Zerstörung des Säureschutzmantels») verleumdet. Nach Jahrzehnten des Schattendaseins erlebt sie inzwischen eine Renaissance. Aus gutem Grund. Dieses Buch erzählt die turbulente und nicht immer moralisch einwandfreie Geschichte der festen Seife und ihrer Verflüssigung im Namen eines fragwürdigen Fortschrittsverständnisses der Industrie, das zahlreiche Kollateralschäden zeitigt - zu Lasten der Natur und unserer Haut. Und es zeigt, warum feste Seife heute das Potenzial hat, vielfältiger, hochwertiger, umwelt-, klima- und hautfreundlicher zu sein als je zuvor.