Das Frühjahr 2020, in Alberto Nessis melancholischen Aufzeichnungen erhält es Kontur. Noch einmal tauchen die Stimmungen und kleinen täglichen Abenteuer vor uns auf, die viele in diesem speziellen Jahr erlebt haben: Angst wechselt sich ab mit einer seltsamen Euphorie, dem Bedürfnis nach Innenschau und nach Austausch und Verbrüderung zugleich, dem Bewusstsein für die Zerbrechlichkeit des Lebens. Da sind die Wartezeit im Supermarkt, die Spaziergänge im Wald, das Lesen, die Begegnung mit einem Freund oder einem Wildkraut, Lobgesänge auf Einsamkeit und Geduld. Erinnerungen tauchen auf, die «bis anhin im Nebel versunken waren», sogar die Vision einer indischen Prinzessin, die unerschütterlich durch das Bergell spaziert.
Und jetzt, wo wir mit dem Virus leben lernen müssen, erscheinen uns diese Frühlingsmonate als Zeit der Schwebe voller Spannung und Hoffnung. Sich mit Nessis Worten an sie zu erinnern, bedeutet nicht nur, sie wieder zu erleben, sondern auch, sie besser zu verstehen, um sich für alles weitere zu wappnen.