Die neue Erzählung Gerd de Bruyns ist eine Art Psychopathologie der modernen Architektur. Franz Bremen, die Hauptperson, ein von Zwangsneurosen und religiösen Wahnvorstellungen getriebener Mensch, passt seine Wohnung radikal seinen ästhetischen Bedürfnissen an. Ordnungsfreak, der er ist, beginnt er die Stellung der Möbel und die Verläufe sämtlicher Linien, Ecken und Kanten im Raum millimetergenau zu kontrollieren. Konterkariert werden seine Handlungen nur durch die Tierliebe, die ihm selber unbewusst bleibt. Erstaunt registriert er, dass er seinen einzigen und wichtigsten Rückzugsort mit immer mehr Untermietern teilen muss. Zum Glück findet er sich nach dem Tod in einer Hemisphäre wieder, die seinen Bedürfnissen weit mehr entspricht als das Leben auf der Erde.
Bremens letzte Jahre folgt auf die Erzählung Das mächtige Häuflein (2016) und das Rockermärchen Erlenbruch (2019). Der Autor nennt sein Buch einen Roman, obschon es nicht umfangreicher ist als die Vorgänger. Auf Illustrationen im Text wurde diesmal verzichtet, stattdessen finden sich im Anhang Proportionsstudien und andere Zeichnungen, die der Hauptperson zugeschrieben werden. Trotz Gattungsunterschieden bilden die drei Bände ein Ganzes: die Abfolge von Jugend (Erlenbruch), Erwachsensein (Häuflein) und Alter (Bremen).