Ein wiederentdecktes Glanzstück viktorianischer Erzählkunst neu übersetzt
Es ist die berühmte Liebe auf den ersten Blick: Clotilde, schön, selbstbewußt, glutvoll, trifft in der Berliner Gesellschaft auf den großen Agitator Sigismund Alvan. In ihm, einem Mann der Tat und des unbeugsamen Willens, findet sie unversehens ihren Meister. Über den Häuptern der theatralisch Liebenden scheint ein göttliches Geschick zu walten, und doch fordert das Allzumenschliche seinen Tribut.
Wer braucht die Erde, wenn er den Himmel erobern kann? Clotilde und Sigismund sind wild entschlossen, die Welt aus den Angeln zu heben. Berauscht nicht nur von ihrer wechselseitigen Zuneigung, berauscht auch vom idealistischen Sendungsbewußtsein und der eigenen Großartigkeit, verlieren sie immer mehr den Sinn fürs Mögliche. Mit der Kraft einvernehmlichen Wollens sollen die herrschenden Verhältnisse in die Knie gezwungen werden, und alles außer deren bedingungsloser Kapitulation wäre Schmach. Genau die droht jedoch, als sich Clotildes Eltern weigern, ihre Tochter einem politischen Hasardeur zur Frau zu geben.
Der deutsch-jüdische Sozialreformer Ferdinand Lassalle gab die historische Vorlage für Merediths männlichen Helden ab, doch mischen sich allerlei faustische Züge ins Bild, und zuweilen meint man in Alvan gleichsam einen sozialistischen Zarathustra karikiert zu sehen. So ist dieser Roman weit mehr als ein Doppelporträt zweier maßlos Liebender. Es ist die satirische Studie jenes utopisch-revolutionären Phänotyps, wie er für die anbrechende Moderne so prägend werden sollte: mit abenteuerlichen Aufschwüngen, aber auch Verblendungen und heillosen Abstürzen.
"Eine hinreißende kleine Studie über die große Liebe."
Rolf Vollmann
"Buch der Woche (...). Das Buch über die Lebenstragödie des Ferdinand Lassalle ist drei Bücher in einem: historischer Roman; grandiose Liebesgeschichte als Schnulze; und hervorragend durchdachter Essay über die Verheerungen gesellschaftlicher Zwänge. Der historische Roman folgt den - zumindest seinerzeit - bekannten Tatsachen, wobei dem Autor bewundernswerte Charakterstudien des Titanismus eines Erfolgsverwöhnten gelingen (...). Meredith, der schon in seiner Vorbemerkung pointiert auf :jene Zentren eleganter Barbarei, die man aristokratische Zirkel nennt9, seinen Ekel richtet, gelingt das Porträt eines um Gerechtigkeit kämpfenden Tyrannen (...) Kühn gedacht: mehr Flaubert als Fontane (...). Das sind, zumal für die Mitte des 19. Jahrhunderts, wagemutige Denkangebote."
Fritz J. Raddatz, Literarische Welt