Studienarbeit aus dem Jahr 2016 im Fachbereich Jura - Öffentliches Recht / Sonstiges, Note: 15 Punkte, Eberhard-Karls-Universität Tübingen (Juristische Fakultät), Veranstaltung: Seminar: Grundfragen und aktuelle Probleme des europäischen und deutschen Umweltrechts, Sprache: Deutsch, Abstract: Im Zentrum der Arbeit stehen die regulatorischen Ansätzen der ersten Dampfkesselgesetzgebung 1831 sowie die Entwicklung des ergänzend geschaffenen Dampfkesselrevisionssystems ab 1856 im historischen Kontext der Frühindustrialisierung in Preußen.
Die Dampfkesselgesetzgebung in Preußen ab 1831 legte einen bedeutenden Grundstein für das Immissionsschutzrecht. Ihre Spuren lassen sich bis zu den geltenden Bestimmungen des BImSchG zur Anlagengenehmigung verfolgen. Flexibilität und Kooperation avancierten zu Rgelungsmaximen, die auch das moderne Umweltrecht prägen.
Im Zeitalter der Industrialisierung trafen in Preußen unterschiedlichste Ansichten aufeinander: Wirtschaftlicher Liberalismus stand dem tradierten Protektionismus beziehungsweise Merkantilismus gegenüber, Ingenieure konkurrierten mit Juristen und Verwaltungsbeamten um Befugnisse und gesellschaftliche Anerkennung, technische Freiräume versuchten sich gegen staatliche Regelungsbestrebungen durchzusetzen und private Forderungen nach urbanen Hygienestandards standen im Widerstreit zu staatlichen und unternehmerischen Interessen an ökonomischen Vorteilen. Dampfkesselgesetzgebung und -revision bewegten sich also an den kritischen Schnittstellen zwischen Tradition und Innovation. Die Regelungsansätze in Preußen sollten demzufolge ein aufschlussreiches Bild juristischer Lösungsstrategien, gegebenenfalls sogar rechtspolitischer Selbstfindung in einer Zeit enormen Wandels liefern können.
Als Peter Marburger 1979 Flexibilität und Kooperation als die kennzeichnenden Strukturprinzipien des Technikrechts herausarbeitete, analysierte er dabei nur die modernen Regulierungsstrategien. Betrachtet man die preußische Dampfkesselgesetzgebung als einen der Ursprünge des Technikrechts, müssten diese Elemente bereits dem Regelwerk des 19. Jahrhunderts immanent gewesen sein.
Zur Überprüfung dieser These wird im Rahmen der Arbeit untersucht, welche technischen und ökologischen Probleme die zunehmende Verbreitung der Dampfkraft auf-warf (A.) und auf welche Erfahrungen Preußen bei der Regelung technischer und umweltrechtlicher Aspekte bereits zurückgreifen konnte (B.). Anschließend wird der Normierungsprozess ab 1831 darauf untersucht, an welcher Stelle erstmals Flexibilität und Kooperation als Regelungsmaximen in Erscheinung treten (C.). Der Bearbeitungsfokus liegt dabei auf den Anfängen der Dampfkesselgesetzgebung 1831 und der Dampfkesselrevision 1856. Spätere Entwicklungen werden ausgehend davon skizziert.